Offener Brief zur Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie

Offener Brief zur Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie

Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wird wieder von 7% auf 19% erhöht, LUIS möchte mit diesem Brief zu einer zu einer Versachlichung der Debatte beitragen.

In regelmäßigen Abständen lässt die Stadt Ludwigsburg eine Imageanalyse für die Innenstadt in Form einer Umfrage erstellen. Erst vor wenigen Wochen wurden die Ergebnisse für das Jahr 2023 veröffentlicht. Zuvor fand diese Befragung 2019 statt. Es kamen keine wirklich überraschenden Ergebnisse bei der Umfrage zustande. Wer sich mit unserer schönen Innenstadt beschäftigt, der konnte sich die Ergebnisse bereits denken. Wenig verblüffend zeigte sich, dass der Besuch in Ludwigsburg sehr häufig mit dem Wunsch nach einem „Erlebnis“ einhergeht. Der klassische Einkauf als einzigen Grund für einen Besuch in Ludwigsburg spielt keine so große Rolle mehr, es kommen mehrere Faktoren ins Spiel. Eine Folie möchten wir Ihnen gerne explizit zeigen: (siehe unten)

Dort steht es schwarz auf weiß, ein Drittel der Besucherinnen und Besucher der Ludwigsburger Innenstadt suchen bei ihrem Aufenthalt in der Innenstadt noch ein gastronomisches Konzept auf! Wir erinnern uns: Um die Gastronomie während der Corona-Pandemie zu entlasten, war der Steuerersatz auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden. Danach wurde die Regelung wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres. Während der Pandemie war der gastronomische Betrieb in einer besonderen Situation. Es gab, wir können uns noch erinnern, ein verlängertes Wochenende, an welchem von Freitag bis Montag gleich drei verschiedene Zugangsregelungen für gastronomische Betriebe galten. Wie auch andere Innenstadtakteure mussten die Gastronomen Zugangskontrollen durchführen. Für viel Unmut und Unverständnis sorgten bei den Gästen Regelungen, wie beispielsweise eine Maskenpflicht auf dem Weg zur Toilette, während man anschließend ohne Maske am Tisch sitzen durfte, eventuell bei einem Abstand von weniger als 50 Zentimetern zum Nachbartisch. Für die Gastronomie bedeuteten diese vorgegebenen Maßnahmen enorme Umsatzverluste. Die Maßnahmen sollen nicht nachträglich bewertet oder kritisiert werden, aber es scheint in den aktuellen Debatten wichtig sich zu erinnern, warum es zu dieser Senkung der Mehrwertsteuer kam und dass sie notwendig war. Nach der Pandemie kam eine Energiekrise, einhergehend mit dieser kam eine Inflation von bisher für Nachkriegsdeutschland, nicht möglich gehaltenem Ausmaß. Das zur Verfügung stehende Geld wird für eine große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger merklich knapper. Auch diese Entwicklung bekamen bereits alle Innenstadtakteure zu spüren. Es gibt natürlich Stimmen, welche der Meinung sind, dass es auch wiederum unfair war, dass lediglich die Gastronomie eine Mehrwertsteuersenkung erfahren durfte und dass diese noch immer gilt. Auch das möchten wir als Ludwigsburger Innenstadtverein nicht beurteilen. Was aber Fakt ist: jede Branche in Deutschland benötigt Planungssicherheit! Olaf Scholz hat, noch vor seinem Wahlsieg und der Ernennung zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, bei einem Auftritt in der Wahlarena der ARD im September 2021 Folgendes zum Thema Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie gesagt:

„Ich will Ihnen gerne versichern: Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung und der Einführung zugestimmt, in dem sicheren Bewusstsein, das schaffen wir nie wieder ab, das ist jetzt etwas, dass für die Gastronomie gelten soll und darauf können Sie sich verlassen!“

Leider gilt in der Bundespolitik kein Videobeweis und dies war wohl nur ein leeres Versprechen im Wahlkampf. Trotzdem wenden wir uns mit diesem offenen Brief an alle LUIS-Mitglieder, da wir herzlich um eine Versachlichung der Debatte bitten möchten. Speziell in den sozialen Medien ist, leider mal wieder, eine Diskussion zu diesem Thema im Gange, welche vollkommen an der Realität vorbeigeht. Für die Gastronomie bedeutet die Zurücknahme dieser Maßnahme einen enttäuschenden Rückschlag. Im Übrigen gab es dieses Versprechen nicht nur von Bundeskanzler Scholz im Wahlkampf, auch andere Politiker, wie Bundesfinanzminister Christian Lindner haben sich mehrfach hoffnungsvoll im Sinne der Gastronomie geäußert. Es wird nun in dieser Branche zu spürbaren Preissteigerungen kommen und es muss dabei deutlich gemacht werden: die Gastronomie profitiert nicht von den zu erwartenden Erhöhungen bei den Preisen im Restaurant. Die Gastronomie muss 12% mehr Steuern abführen, insgesamt wieder 19%, wie noch vor der Corona-Pandemie. Dabei gibt es aber natürlich inzwischen große Unterschiede zu der Zeit vor Corona. Auch diese möchten wir nun nicht explizit aufführen. Themen wie Personalsuche, Mindestlohnerhöhung, steigende Energiekosten, etc. sollen nicht auch noch aufgeschlüsselt werden mit diesem Brief. Jedem muss klar sein, dass der Besuch in einem Restaurant etwas mit sozialem Zusammenhalt zu tun hat, mit einer Auszeit vom Alltag, mit etwas „Besonderem“, was man sich gönnen möchte. Alternativ kann es auch ein Geschäftsessen sein oder ein Date. Diese besondere Auszeit, den Besuch in einem Restaurant, werden nun noch mehr Menschen in Frage stellen und genau überlegen, ob sie noch mit einem guten Gewissen hinsichtlich ihrer finanziellen Situation ins Restaurant gehen können, oder nicht. Jeder Mensch hat hier unterschiedliche Schmerzgrenzen und Prioritäten.

Wir als LUIS sind realistisch genug, wir können keinen Einfluss auf diese nun getroffene Entscheidung nehmen. Aber wir möchten diesen Brief nutzen um nochmals auf die Hintergründe der damaligen Mehrwertsteuersenkung hinzuweisen und natürlich auch darauf, dass wir in unserer schönen Stadt nur gemeinsam etwas bewegen können! Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie sind unzertrennbar miteinander verbunden. Ein Besuch in Ludwigsburg besteht meist aus mehreren Faktoren. Wenn diese politische Entscheidung in der Vorweihnachtszeit auch alles andere als ein Weihnachtsgeschenk ist und der Wunsch nach Planungssicherheit seitens der Bundespolitik damit ad absurdum geführt wurde, so nehmen wir auch diese Herausforderung gemeinsam an und wir werden als starke LUIS-Gemeinschaft weiterhin den Menschen „Lust auf Ludwigsburg“ machen.